Gastfreundschaft
Neben mir sitzt Hausmeister Sascha und singt mit sanfter Stimme und funkelnden Augen ein altes Liebeslied. Viele der am Tisch versammelten Kolleginnen haben die ersten Lieder mitgesungen, hören nun aber auch nur noch zu.
Wir sind eingeladen in den Heimatkunderaum der Schule No 10 in Chmelnyzkyj. Hinter einem Vorhang öffnet sich ein hoher Raum, durch Fenster fast unter den Decke tageslichthell. Bunte Bilder zeigen Szenen von einem Leben, das uns heute kaum mehr vorstellbar ist und liebevoll gesammelte und arrangierte Haushaltsgeräte, Trachten, Möbel und wieder die reich bestickten Ruschnik. Um den langen Tisch in der Mitte können sich Grundschüler versammeln, lernen und schauen.
Heute Abend ist der Tisch gedeckt mit Schalen und Töpfen mit den unterschiedlichsten Ukrainischen Speisen. Alles von Kolleginnen und Kollegen der Schule zubereitet und sogar in den eigenen Gärten geerntet. Das Meiste ist vegetarisch und auch von den Wareniki bekomme ich eigens Schüsseln gereicht, in denen die vegetarische Variante für mich ist. „Karolina“ höre ich immer wieder und darf zugreifen.
Dass ich größere Teile des munteren Geplauders nicht verstehe, obwohl Ljuba und Kolja sich alle Mühe geben, mit der Übersetzung mitzuhalten, macht mir nichts. Ich genieße den melodiösen Klang des Ukrainischen und das ausgelassene Gelächter der Anwesenden. Dabei verliere ich mich immer wieder in den farbenprächtigen Stickereien und Bildern überall.
Die Heimatkundelehrerin Svetlana erklärt einige der Ausstellungsstücke – tatkräftig unterstützt von Ljuba, die nicht nur übersetzt, sondern in einem gemeinsamen Rollenspiel den Ablauf einer Hochzeit skizziert.
Nach dem letzten traditionellen Trinkspruch na konja („auf das Pferd“) verabschieden wir uns. Wir schütteln Hände von Menschen, die uns bis heute gänzlich unbekannt waren, sich aber nur für uns diese riesige Mühe gemacht haben. Nicht nur weil ich kein Ukrainisch kann, fehlen mir die Worte, um mich zu bedanken.
(Karolin de Nocker)